home
***
CD-ROM
|
disk
|
FTP
|
other
***
search
/
Chaos CD Blue
/
Chaos_CD_Blue__[1999].iso
/
congress
/
1993
/
texte_tx
/
lausch.txt
< prev
next >
Wrap
Text File
|
1998-04-27
|
3KB
|
60 lines
"Der Große Lauschangriff"
Big Brother is watching you - 10 Jahre nach Orwell
Autor: slink
Referenten: Peter Paterna, MdB SPD-Fraktion, Vorsitzender des Ausschusses für Post und Telekommunikation, Mitglied des G10-Ausschusses
Gero von Randow, Zeit-Redakteur (g.v.randow@cl-hh.comlink.de)
Herr Michel, DeTe-Mobil (Telekom-Tochtergesellschaft)
Kai Rannenberg, Dipl.Ing. Inf., Uni Freiburg (kara@iig.uni-freiburg.de)
Peter Schar, Datenschutzbeauftragter in Hamburg (p.schaar@cl-hh.comlink.de)
Andy, ChaosComputerClub (andy@chaos-hh.zer.sub.org)
Dem Motto des diesjährigen Chaos Communication Congress entsprechend
fand am Nachmittag des 18. Dezembers eine Podiumsdiskussion zu den
Themen "Großer Lauschangriff" und dem von einigen Behörden geforderten
Verbot von Verschlüsselungsmechanismen auf Kommunikationsnetzen statt.
Die Teilnehmer der Diskussion waren sich dabei grundsätzlich über die
Unsinnigkeit und Gefährlichkeit eines Großen Lauschangriffes, wie er in
der Öffentlichkeit diskutiert wurde, einig. Es zeigte sich, daß der
Große Lauschangriff nicht die Massenkriminalität bekämpfe, sondern die
Privatssphäre des einzelnen stark einschränke und lediglich zur
Verfolgung "kleiner Fische" führe.
Dabei stellte sich im Verlauf der Diskussion heraus, daß die eigentliche
Gefahr nicht vom geplanten Lauschangriff ausgehe, sondern bereits heute
duch Aktivitäten im Rahmen des G10 und länderspezifischer Polizeigesetze
existiere. Jedoch könne die Verwirklichung von Lauschplänen die Schraube
der Freiheit des Einzelnen für ein wenig mehr Sicherheit gefährlich
verengen.
Bezüglich der bereits heute möglichen Abhör- und Kontrollmassnahmen
wurde deutlich, daß von diesen in der Bundesrepublik im Vergleich zu den
USA 17 mal öfter Gebrauch gemacht wird. Somit wäre eher eine
Einschränkung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen angebracht.
Neben dem Lauschangriff wurde von staatlichen Stellen auch ein Verbot
von Verschlüsselungsmechanismen in Kommunikationsnetzen gefordert. Über
die Gefährlichkeit solcher Gedanken waren sich die
Diskussions-teilnehmer ebenfalls einig. Diskutiert wurde dabei vor allem
das in den USA vorgestellte Verschlüsselungsverfahren "Clipper", welches
es staatlichen Stellen ermöglicht, quasi über einen Generalschlüssel
codierte Information mitzuschneiden und auszuwerten. Auch in der
Bundesrepublik wird an einem ähnlichen Verfahren, dem TeleSec,
gearbeitet. Auch hier wäre es dem Staat jederzeit möglich, so
verschlüsselte Information zu decodieren.
Unabhängig von den Möglichkeiten des wie auch immer gearteten "großen
Bruders" wurde im Laufe der Diskussion deutlich, daß digitale
Telefon-oder Computernetze eine Masse von Information über den Einzelnen
preisgeben, auch, wenn nicht abgehört wird. So ist es zum Beispiel in
kleinzellularen Mobilfunknetzen wie dem D1 und D2-Netz möglich, auf
Grund der gespeicherten Verbindungsinformation Bewegungen des
Teilnehmers nachzuvollziehen. Ebenso lassen sich im digitalen
Telefonnetz Persönlichkeitsprofile auf Grund von
Verbindungsinformationen erstellen.
Wir müssen uns also wohl oder übel daran gewöhnen, daß immer dann, wenn
wir moderne Kommunikationstechnik nutzen, die potentielle Gefahr
besteht, daß Information über uns und von uns in fremde Hände gerät...